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Dieses Bild aus dem Laurentiusboten zeigt Fachwerkhäuser in
Wetschewell am Ortseingang von Wickrath her etwa um 1900
Ob
das, was Franz Rixen in seinem Laurentiusboten1 und Dr. Wolfgang Herborn
in „Loca Desiderata“2 schreiben, wirklich stichhaltig ist, ist zu
bezweifeln. Während Rixen den ersten Wortteil von Wat, Waat =
wasserreiche, sumpfige Gegend und den zweiten Teil von welligem
Gelände ableitet, weist laut Herborn die Bezeichnung auf die
hochmittelalterliche Rodungszeit hin, ohne dass er die Bezeichnung
ableitet. Hier nun neue Fakten über die Herkunft der Ortsbezeichnung
Wetschewell: Die
erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1450 lautet
"Wetselsgewelde"
(1457 "Wetzelsgewelde")3.
Betrachten wir die beiden Wortteile „Wetzel“ (ohne das
Genetiv-s) und „Gewelde“: Wetzel ist eine andere Bezeichnung für
Werner. Beim zweiten Wortteil müssen wir auf das Mittelhochdeutsche
zurückzugreifen. Mit „Gewelde“ wurden im Mittelalter rechtliche
Ansprüche auf Waldausnutzung in einem festgelegten Bereich bezeichnet.
Hierfür gibt es Belege, insbesondere solche mit rechtlichem
Hintergrund. Ein gutes Beispiel ist die Untersuchung der rechtlichen
Verhältnisse in der Brücker Gemark4. In einer
Urkunde von 1555 heißt es dort: „Item uf dem Bruggerbusch ist
mein gn[ädiger] her Marggraf, ist aber verpachtet dem Erbschenken
Quaiden. Thut XI gewelde. Item Milenforst hat uf diesem busch IIII
gewelde. Item hat auch meins gn. hern hof, der Merckerhof genant, uf
diesem busch ein rat oder vierdel van einer gewald.“ An
den „Erbschenken Quaiden“ waren also elf Gewelde verpachtet und „Milenforst“
hatte vier Gewelde. Der „Merckerhof“ hatte ein „Rat“ (Rath) oder
ein Viertel von einer „Gewald“. Gewald war der Singular von Gewelde.
Ein Viertel einer Gewald war ein
„Rath“. Die mittelalterliche lateinische Bezeichnung „potestas
lignorum“ für Holzgewalt zeigt, dass dieser Begriff nicht von
„Wald“ abzuleiten ist. Zumindest
im vorgenannten Beispiel hatte ein Gewelde die Größe von 16 Morgen,
also 400 Ar. Das Recht auf Waldnutzung bestand zumeist in der Viehdrift
und im „Bescharren“ des Waldbodens. Hierzu heißt es in einer alten
Vorschrift aus Brück: „Die
zu entbehrenden Ginster, Farrenkräuter und die Heidestrau werden
gemäß Vorschrift besonders angewiesen ... und das Stock- und
Sprocksammeln unter der Einschränkung erlaubt, daß bei Gewinnung
desselben nur die Axt, der Keil und Schlägel angewandt und durchaus
keine Holzpflanze beschädigt werde und daß das Laubscharren nur mit
der Hand oder hölzernem Rechen geschehen dörfe, auch nur in den
Monaten November bis April ausgeübt werde.“
In Bezug auf unser Wetschewell ist davon auszugehen, dass "Wetzelsgewelde" Bereiche im damals dicht bewaldeten Odenkirchener Gebiet waren, in denen ein gewisser "Wetzel" von der Obrigkeit (vermutlich dem Burggrafen) das Recht auf Waldausnutzung (Holzgewalt) erhalten hatte. Da die Masse der Nutzungsberechtigten nur über 1/2 bis 2, selten 4 "Gewalten" verfügte, kann angenommen werden, dass dieser "Wetzel" die Rechte an einem größeren Gebiet hatte, so dass daraus eine Ansiedlung (Honschaft) entstehen konnte. Über "Wetzegewelde" (1452), "Wetzgewell" (1656) und "Wechßewell" (1659) ist dann der heutige Name "Wetschewell" entstanden3.
1 F. Rixen, Laurentiusbote - Geschichte Odenkirchens, Rheydt-Odenkirchen, 1962, Bd. II, S. 685, Hrsg.: Pfarrgemeinde St. Laurentius Odenkirchen 2 W. Herborn, Odenkirchen im Mittelalter, in: Loca Desiderata, Mönchengladbach, 1994, Bd. I, S. 477 3 Inventar des Archivs der Pfarrkirche St. Antonius in Wickrath. Bearbeitet von Dr. Rudolf Brandts, Düsseldorf 1957 4 F.J. Burghardt, Die Brücker Gemark, 2001, in: www.koeln-brueck.de |