Die Burg Odenkirchen
Burg und Herrlichkeit Odenkirchen von Nordwesten um 1680 nach einem Detail eines Wandteppichs auf Schloss Westerloo der Fürsten von Merode in Belgien.
Wandteppich von J. de Voß
auf Schloss Westerloo der Fürsten von Merode in Belgien.
Die Burg Odenkirchen ist vermutlich zu Beginn des 12. Jahrhunderts entstanden. Die Erstanlage bestand aus einer Holzburg, die auf einer Erdaufschüttung (Motte) in einem Wasser- und Sumpfgebiet errichtet wurde. Schrittweise vollzog sich in den folgenden Jahrhunderten der Wandel zur massiven Steinburg.
Burg Odenkirchen wird erstmals am 14. Juni 1153 in einer Urkunde von Kaiser Friedrich Barbarossa erwähnt, in der dieser dem Kölner Erzbischof Arnold II., also dem Kölner Erzstift, die Eigentumsrechte an der Burg Odenkirchen (castellum Udenkirchen) mit allen Ministerialen, Knechten und Mägden bestätigt. Odenkirchen war eine selbständige Unterherrschaft des Kölner Erzstiftes. Eine solche Unterherrschaft nannte man "Herrlichkeit".
Im Jahre 1689 wurden Schloss und Kanzlei im französisch-niederländischen Krieg durch Bombardement eingeäschert. 1701 folgte dann der fürchterliche Brand in Odenkirchen, der die Burganlage und den gesamten Ort in Schutt und Asche legte. Die Burg wurde in ihrem alten Zustand nie wieder aufgebaut. Die Familie von Merode-Westerloo ließ 1734 den noch stehenden Torbogen erneuern und die Gebäude wieder errichten, die der Bewirtung der umfangreichen Ländereien dienten.
1730 wurde die Burg an Graf Unico von Wassenaer verpfändet. Der Kurfürst Clemens August kaufte sie 1745 für 94.000 Reichstaler zurück und nannte sich unter all seinen Titeln „Herr zu Odenkirchen“.
1789 brach die Französische Revolution aus. Das Revolutionsheer besetzte auch Odenkirchen. Napoleon I. schlug das gesamte linke Rheinland zu Frankreich. 1802 erfolgte die Säkularisation, alle kirchlichen Güter wurden beschlagnahmt. Die Burg wurde verkauft, und 1811 erwarb sie der Kaufmann Jean Lüttringhausen aus Elberfeld. 1872 wurde sie Eigentum des Burgvereins und 1920 erwarb sie Dechant von der Helm für die Katholische Pfarrgemeinde St. Laurentius.
Der Westflügel der Burg entlang der Hoemenstraße wurde Ende des 19. Jahrhunderts abgebrochen, der Restbau 1943 durch Bomben zerstört. Der ausgebrannte Burgturm wurde 1950/1951 wieder hergestellt. Der Heimatverein Odenkirchen hat das Gebäude 1989 von der Pfarrgemeinde St. Laurentius mit der Auflage der Restaurierung für 30 Jahre in Erbpacht übernommen. In liebevoller Arbeit hat er den Burgturm renoviert. Der größte Raum, das "Jan-von-Werth-Zimmer", erhielt eine einladende Ausstattung und dient für Zusammenkünfte und Festlichkeiten.
Burg Odenkirchen in der Denkmalliste der Stadt Mönchengladbach
Unter der Nr. B 121 ist der Burgturm seit dem 14.03.1990 als Baudenkmal in der Liste enthalten. Den Eintragungstext des Baudenkmals Burg Odenkirchen in der Denkmalliste der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Mönchengladbach finden Sie hier >>>
Laut Pressemitteilung der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Mönchengladbach vom Juni 2010 ist der Burgturm nun außerdem ein Bodendenkmal:
Im Rahmen der Ausbauplanungen des Kindergartens der Katholischen Kirchengemeinde St. Laurentius hat die Untere Denkmalbehörde prüfen müssen, ob sich im Bereich der ehemaligen Burganlage archäologische Zeugnisse erhalten haben und ob diese die Voraussetzungen für die Eintragung als Bodendenkmal in die städtische Denkmalliste erfüllen. In Zusammenarbeit mit den Archäologen des LVR/Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland konkretisierten sich sehr bald die Belege, dass im Boden rund um die Burgstraße, den Burgturm und den Pater-Bonnier-Park archäologische Zeugnisse der Burganlage wie Fundamente und verfüllte Gräben mit Brand- und Kulturschichten erhalten geblieben sind.
Da die aus Vor- und Hauptburginsel bestehende zweiteilige Burganlage vorwiegend unter dem Parkplatz an der Burgstraße und Freiflächen in und um den Pater-Bonnier-Park liegt, ist ihre dauerhafte Erhaltung gesichert. Bei Bauanträgen der betroffenen Anlieger wird zukünftig automatisch die Untere Denkmalbehörde beteiligt. Aufgrund der Randlage dieser Flurstücke dürften die archäologisch bedingten Konsequenzen aber sehr überschaubar sein. Selbst ein im ehemals zentralen Burgbereich unter dem zukünftigen Erweiterungsbau des Kindergartens gelegener und aus Ziegelsteinen gemauerter Gewölbekeller kann ohne Beeinträchtigung für die Neubauplanung erhalten werden.
Den Eintragungstext des Bodendenkmals Burg Odenkirchen in der Denkmalliste der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Mönchengladbach finden Sie hier >>>
Die Burggrafen
Im Zeitraum von vor 1153 bis 1745 herrschten mehrere Adelsgeschlechter auf Burg Odenkirchen. Einer der bekanntesten Burggrafen war Jan von Werth. Sein Nachfolger war sein Schwiegersohn Winand Hieronymus Raitz von Frentz.
Kölner Erzbischöfe Anno 1109
Am Anfang und am Ende steht das Wappen der Kölner Erzbischöfe, die ab 1356 nach dem Reichsgesetz zur Königswahl (Goldene Bulle) zu den sieben Kurfürsten gehörten: das schwarze Kreuz auf weißem Grund. Die Kölner Erzbischöfe bzw. Kurfürsten (Erzstift Cöln) waren die Landesherren auch für Odenkirchen. Nach neuen Erkenntnissen *) tauchen die ersten namentlich bekannten Odenkirchener Herren in einer Urkunde des Kölner Erzbischofs Friedrich I. von 1107 als Herimannus comes de Udenchirchen et frater eius Arnoldus auf. (Graf Hermann von Odenkirchen und sein Bruder Arnold). In einer Urkunde von 1106 begegnen uns die beiden, jedoch ohne den Zusatz von Odenkirchen. (Der in früheren Quellen erwähnte Beleg von angeblich 1028, in dem ein Christianus de hovdenkirchen genannt wird, ist eine Fälschung.*) Die Zahl 1109 auf dem ersten Wappen bezeichnet das Jahr, in dem eine Gräfin Utilhildis de Udinkichin Burg und Herrlichkeit Odenkirchen dem Kölner Erzbischof zum Geschenk gemacht haben soll. *) Aktualisiert und ergänzt (2003): Heinz Eßer (vgl. Loca Desiderata - Mönchengladbacher Stadtgeschichte Bd. 1)
Von Odenkirchen/ Raboden 1153 - 1392
Utilhildis war die letzte aus dem Stamme eines Odenkirchener Dynastengeschlechts, das die Obervögte und Vorsitzenden der Kölner hohen Gerichtsbarkeit stellte. Der Kölner Fürstbischof war also ab 1109 Lehnsherr der Odenkirchener Burggrafen und diese seine Vasallen und Lehnsträger.
Im Jahre 1158 schenkt Utilhildis eine Mühle in Odenkirchen dem Kölner Georgsstift. Mit ihr stirbt Mitte des 12. Jahrhunderts die Grafenfamilie von Odenkirchen aus. Das Wappen der Burggrafen von Odenkirchen trägt drei rote Balken auf goldenem Grund.
Die Rechte der Burggrafen waren bedeutend. Sie bezogen sich auf Leib und Leben ihrer Untertanen, auf Galgen, Rad, Schwert und Feuer. Aber auch auf den gesamten Besitz und alle Güter, auf Fischreichtum, Jagd, Mühlen usw.
In einer Urkunde von 1153 bestätigt Kaiser Friedrich Barbarossa dem Kölner Erzbischof Arnold II. die Eigentumsrechte an der Burg Odenkirchen mit allen Ministerialen, Knechten und Mägden. In dieser Urkunde wird unter der Gruppe der erzbischöflichen Ministerialen bereits ein Rabodo de Otenkirchen erwähnt. Die Raboden wurden zum Leitnamen eines Ministerialengeschlechtes, welches (zusammen mit dem 2. Sippennamen Gerhard) bis 1391 die Burggrafen aus dem Haus Odenkirchen stellte. Der letzte war Gerhard V. Er starb ohne männliche Erben; sein Sohn war bei einem Kreuzzug gegen die heidnischen Pruzzen gefallen.
Die Burggrafschaft ging von Gerhard V. über die weibliche Linie an die von Hoemen über. Arnold von Hoemen hatte Agnes geheiratet, von der wir nicht wissen, ob sie eine Tochter oder Schwester des alten Gerhard war.
Von Hoemen 1392 - 1502
Die von Hoemen stammten aus dem Gelderland an der Maas. Sie vereinigten ihr Familienwappen mit dem der Burggrafen von Odenkirchen (Raboden) und führten blau gerautete Vierecke im goldenen Feld und stilisiertes Hermelin (fünf Kreuzchen) auf weißem Feld im rechten Obereck, als Helmschmuck einen Pinienzapfen.**
Arnold von Hoemen wurde 1392 vom Kurfürsten zu Köln mit Odenkirchen belehnt. Die von Hoemen regierten bis 1502. Es erbte die Tochter des letzten von Hoemen, eine Odilie, die den Amtmann von Münstereifel, Heinrich von Nagel geheiratet hatte, der im selben Jahr 1502 Lehnsträger von Odenkirchen wurde. .
**) Wappen aus dem Heroldsbuch des Jülicher Hubertusordens, 1480
Quelle: Jagiellonische Bibliothek Krakau, Ms. Germ. Quart. 1479 (Foto in 10/48339)
Literatur: Loca desiderata. Mönchengladbacher Stadtgeschichte, Band 1, Köln 1994, S. 391 und S. 467 (irrigerweise Abb. des Wappens von Oldenbyrche statt von Hoemen, dieses im Nachdruck 2005 korrigiert !)
Von Nagel 1502 - 1531
Das Wappen der von Nagel zeigt eine rote Spange auf silbernem Feld.
Nach seinem Tode heiratete Odilie Wilhelm von Vlodorp, Herr zu Vlodrop an der holländischen Grenze. Wilhelm von Flodorp wurde 1531 mit Odenkirchen belehnt.
Er fand seine letzte Ruhestätte in der alten Laurentiuskirche, seine Grabplatte steht heute im Torbogen der Burg. Seine Enkelin, ebenfalls mit Namen Odilie, war vermählt mit Florentz von Botzelaer. Sie förderte die Reformation in Odenkirchen und wurde deshalb zweimal vom Kurfürsten auf Burg Linn gefangengesetzt; als sie Besserung gelobte, wieder freigelassen. Florentz von Botzelaer wurde 1572 mit Odenkirchen belehnt.
Von Flodorp 1531 - 1636
Florentz von Botzelaer behielt Wappen und Namen der von Flodorp bei, weil dieselben vornehmer als seine eigenen waren.
Das Flodorp-Wappen zeigt im 1. und 3. Quadranten eine rote Lilie, im 2. und 4. Quadranten wieder 3 Balken, aber in blauer Farbe. Franz Hatthard von Botzelaer, der Sohn, starb 1636 ohne Nachkommen.
Er vermachte Odenkirchen seinem Neffen Maximilian von Bronkhorst-Battenburg. Dieser bewarb sich um die Belehnung, die ihm aber vom Kurfürsten verweigert wurde. Ihm wurde der Einlaß verwehrt und die gräfliche Gemahlin kurzerhand mit dem Stuhl vor die Tür gesetzt. Das geschah 1636 im 30-jährigen Krieg. Diese Episode ist der historische Hintergrund des Romans von Hans Keller „Die Rose von Odenkirchen“.
So sehr von Bronkhorst protestierte, der Kurfürst zog das Besitztum ein.
Von Werth 1643 - 1652
Im Jahre 1643 übertrug der Kurfürst dem kaiserlichen Feldmarschall und Reitergeneral Jan von Werth, geb. 1590 in Büttgen, die Herrschaft Odenkirchen.
Ob und wann Jan van Werth in Odenkirchen gewesen ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Er zahlte dem Lehnsherrn 15.711 Taler und war somit Herr von Odenkirchen.
Sein Wappen zeigt im 1. und 3. Quadranten den österreichischen Adler, das Zeichen der Habsburger, im 2. und 4. Quadranten jeweils 3 Mühleisen um einen Ring; außerdem in der Mitte noch ein kleines silbernes Schild mit dem aufrechten Löwen, was darauf hinweist, dass Jan van Werth im 30-jährigen Krieg auch Befehlshaber der bayrischen Reiterei war. Jan starb auf seinen Gütern, auf Schloß Benatek in Böhmen im Jahre 1652.
Von Frentz 1652 - 1694
Erbin des Jan von Werth war seine Tochter Lambertina lrmgardis, die mit Winand Hieronymus Raitz von Frentz zu Schlenderan verheiratet war.
Von Frentz wurde im gleichen Jahr 1652 mit Odenkirchen belehnt. Sein Wappen trägt ein goldenes Kreuz auf schwarzem Feld. Doch wieder erhob sich gegen die Belehnung lauter Protest und zwar vom Enkel des von Bronkhorst-Battenburg. Dieser Enkel war Maximilian Freiherr von Merode Marquis Westerloo. Er klagte gegen den Kurfürsten die Herrschaft Odenkirchen beim Reichskammergericht ein, die ihm dann auch 1694 zuerkannt wurde.
Von Merode 1694 - 1745
Von Merode trägt im Wappen ein rotes flatterndes Band auf goldenem Grund. Die langwierigen Prozesse hatten die Finanzen derer von Merode total erschüttert. Sie hatten mehr als 300.000 Reichstaler verschlungen, eine zu damaliger Zeit ungeheure Summe. Dazu kam noch der fürchterliche Brand in Odenkirchen von 1701, der die stolze Burganlage und den gesamten Ort in Schutt und Asche legte.
Die Burg wurde in ihrer alten Herrlichkeit nie wieder aufgebaut. Die von Merode-Westerloo mußten sie wegen der hohen finanziellen Verpflichtungen 1730 an Graf Unico von Wassenaer verpfänden. Als nun später die Familie von Merode nicht in der Lage war, die Pfandsumme von 64.968 Reichstalern zurückzuzahlen, trat Johann Wilhelm Augustin, Reichsgraf von Merode, seine Rechte auf Odenkirchen an den Grafen Unico van Wassenaer ab.
Jakob Unico Willem Graf van Wassenaer
1692-1766
Gemälde von George de Marees
Van Wassenaer war ein niederländischer Adliger, Diplomat und Komponist. Aus seinem kompositorischem Schaffen sind sechs Concerti Armonici für Streichor- chester überliefert, die zunächst anonym erschienen und daher lange Zeit (bis in die 1970er Jahre) Carlo Riciotti oder Giovanni Battista Pergolesi zugeschrieben wurden.
Kölner Erzbischöfe 1745 - 1802
Der Kurfürst Clemens August - Erzbischof von Köln - kaufte die Burg 1745 für 94.000 Reichstaler vom Grafen Unico van Wassenaer zurück und nannte sich unter all seinen Titeln „Herr zu Odenkirchen“.
Am 25. Juni 1745 kam er mit Gefolge nach Odenkirchen, um die Herrschaft auch äußerlich in Besitz zu nehmen.
Die Burggrafen der Neuzeit seit 1969
Der Titel "Burggraf von Odenkirchen" wird seit 1969 von der Karnevalsgesellschaft "Ruet-Wiss Okerke" (Burggrafen-Gesellschaft) an Personen verliehen, die sich um Odenkirchen verdient gemacht haben.
"Sie haben also mit Odenkirchen etwas am Hut." Im Bild der Burggrafenhut, der zu den Insignien des Burggrafen von Odenkirchen gehört.