Odenkirchen nach der Bombennacht vom 31. August 1943
Eine Bilddokumentation anlässlich der Ausstellung des Heimatvereins Odenkirchen im August 2003
Gestaltung und wissenschaftliche Begleitung: Dr. Margrit Sollbach-Papeler
Dr. Sollbach-Papeler zur Ausstellungseröffnung
Einführung von Dr. Margrit Sollbach-Papeler anlässlich der Ausstellungseröffnung
Wie manches, so verdankt auch diese Ausstellung ihr Entstehen eigentlich einem Zufall. Ende letzten Jahres rief mich mein Vetter Thomas Driesch, noch junges Mitglied des Heimatvereins Odenkirchen, an und lud mich ein, an dem ökumenischen Gottesdienst aus Anlass der 60. Wiederkehr des 1. Großangriffs auf Mönchengladbach/Rheydt teilzunehmen.
Auf diese Weise erfuhr ich, da ich heiratsbedingt seit einigen Jahren im Ruhrgebiet lebe, überhaupt von den Aktivitäten des Heimatvereins Odenkirchen zur Erinnerung an dieses Kriegsereignis. Ich erklärte mich spontan bereit, auch einen Beitrag dazu leisten zu wollen. Hier kam mir zustatten, dass ich mich als Historikerin mit der Thematik bereits seit längerem und auch in mehreren wissenschaftlichen Publikationen beschäftigt habe.
So entstand die Idee, eine Ausstellung und einen Diavortrag mit anschließender Zeitzeugenrunde zu veranstalten. Dankenswerterweise griff der Heimatverein diese Vorschläge auf und stellte auch finanzielle Mittel dafür zur Verfügung. Allerdings, ohne die praktische Unterstützung von Thomas Driesch vor Ort wäre ich in erhebliche Schwierigkeiten geraten.
An den Erinnerungsaktivitäten mitzuwirken, war mir aber auch ein ganz persönliches Anliegen, nicht nur aus alter Anhänglichkeit an meine Geburtsstadt, sondern vor allem auch als Geschichtslehrerin und als Lokalpolitikerin. Denn inzwischen sind fast zwei Generationen in Deutschland und Westeuropa herangewachsen, die nichts anderes als eine Friedenszeit erlebt haben. Dazu gehören die 16-Jährigen ebenso wie die heute fast 60-Jährigen.
Für sie alle spielte und spielt Krieg sich irgendwo in mehr oder weniger fernen Ländern oder bestenfalls im Fernsehen ab. Ihnen nahe zu bringen, was einerseits Krieg für die betroffenen Menschen und ihre auch materielle Lebens- bzw. Umwelt tatsächlich bedeutet, und andererseits, was für ein großes Gnadengeschenk es ist, in Frieden leben zu dürfen, dafür ist gerade eine lokale Thematisierung auch didaktisch hervorragend geeignet. Denn hier kann örtliche Identifikation und so unmittelbare persönliche Betroffenheit hergestellt werden.
In diesem Sinne möchte ich auch die Ausstellung verstanden wissen: als im doppelten Wortsinn anschauliche Erinnerung und zugleich Warnung, was sein könnte; aber auch als eindringliche Mahnung, sich auch aktiv und vor Ort für die Erhaltung des Friedens, und zwar weltweit, einzusetzen.
Der erste Großangriff auf Mönchengladbach und Rheydt in der Nacht vom 30. zum 31. August 1943
In den frühen Morgenstunden des des 31. August 1943 erlebte die Doppelstadt Mönchengladbach-Rheydt ihren ersten schweren Luftangriff. Um 3.03 Uhr fielen die ersten Bomben. Insgesamt 70 Minuten dauerte der Angriff.
Nach dem Angriffsplan sollte zunächst Mönchengladbach angegriffen werden, im Anschluss daran Rheydt. Über 1.000 Tonnen an Minenbomben, mehr als 1.300 Tonnen an Brandbomben sowie 277 schwere 4.000 Pfund- (lb) und zwölf 8.000 Pfund-Bomben wurden auf Mönchengladbach und Rheydt abgeworfen.
Obwohl der Angriff den beiden Städten Mönchengladbach und Rheydt gegolten hatte, war doch die Stadt Rheydt aufgrund der unerwarteten Windverhältnisse über dem Angriffsziel erheblich stärker betroffen. Die größten Zerstörungen gab es im Stadtkern von Rheydt-Mitte, vor allem aber im Stadtteil Odenkirchen. In Rheydt wurden durch den Angriff über 60 Großbrände, mehr als 1.000 mittelschwere und über 3.500 Kleinbrände ausgelöst.
Beim Rückflug der Bomber war der Feuerschein der durch den Angriff in Mönchengladbach und Rheydt ausgelösten Feuerstürme noch in fast 200 km Entfernung zu erkennen. Tagelang haben die Brände in der Stadt gewütet. Im Stadtteil Odenkirchen erlitten 98 % aller Wohnhäuser mehr oder weniger schwere Schäden, fast jedes fünfte Wohnhaus wurde hier vernichtet.
Noch tragischer waren die Verluste an Menschen. Aus der katholischen Pfarrei St. Laurentius fanden in jener Nacht 55 Pfarrangehörige den Tod, von den evangelischen Gemeindemitgliedern in Odenkirchen kamen 48 Personen ums Leben, darunter 19 Männer, 28 Frauen und ein Kind.
(Gekürzte Wiedergabe einer anlässlich der Ausstellung vom Heimatverein Odenkirchen herausgegebenen Bilddokumentation.)
Hinweis der Red.:
Die Fotos kamen trotz des Verbots der Nazis heimlich zustande - ein oftmals lebensgefährliches Unterfangen.